WÜRZBURG | DEUTSCHLAND

Wildwasser Würzburg e.V.

Wer wir sind
Wildwasser Würzburg e.V. ist eine Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen. Seit 1989 bieten wir Beratung, Therapie, Selbsthilfe und Information für Betroffene und deren Vertrauenspersonen. Wir arbeiten an der Vernetzung zum Thema Gewalt und Trauma in Arbeitskreisen und an der Verbesserung des Hilfesystems durch Fortbildungen und Projekte sowie durch Öffentlichkeitsarbeit. Der Schutz von Mädchen und Jungen vor sexueller Gewalt gehören zum Selbstverständnis unseres Vereins. Ein entsprechendes Leitbild und eine selbstreflexive Haltung der Mitarbeiterinnen fördern Prävention, die Selbstbestimmung der KlientInnen und einen grenzwahrenden Umgang.

Wem wir helfen
Zielgruppe sind Mädchen und Jungen sowie jugendliche Mädchen, die in großer Zahl als Flüchtlinge in die Region Mainfranken kommen. Es ist geplant, für einige der Mädchen ein direktes begleitendes und stabilisierendes Angebot vorzuhalten. Um jedoch die Lebenssituation für möglichst viele der geflüchteten Kinder und Jugendlichen zu verbessern,  werden die Unterstützungspersonen im „Alltag“ gestärkt. Dies sind ihre Mütter und Väter sowie haupt- und ehrenamtliche HelferInnen vor Ort und in den Behörden, Kita- und Schulpersonal, MitarbeiterInnen in der Jugendhilfe, DolmetscherInnen.

Was wir tun
Wir beraten die Zielgruppen im Einzel- oder Gruppensetting vor Ort und in der Beratungsstelle. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Traumatherapie sind ein sicheres Umfeld sowie eine sichere Perspektive oder die Möglichkeit, über eine längere Zeit regelmäßig an therapeutischen Sitzungen teilnehmen zu können. Dies wird zumindest für die kommenden Monate für die meisten Flüchtlinge nicht zu realisieren sein. Für Einzelfälle halten wir dieses Angebot jedoch vor, vor allem für unbegleitete minderjährige weibliche Flüchtlinge, die aufgrund ihrer Situation besonders gefährdet sind, sexualisierte Gewalt erlebt zu haben oder zu erleben. Für weitere Mädchen und Jungen sowie für deren Mütter und Väter werden kurzfristig Beratungen in unserer Stelle angeboten, die sie vermutlich jedoch nur in Begleitung von HelferInnen oder DolmetscherInnen erreichen können. Von daher gibt es regelmäßig die Möglichkeit zur Beratung in einigen Gemeinschaftsunterkünften vor Ort. Ergänzt wird das Angebot durch traumapädagogische Maßnahmen für die Kinder und Jugendlichen zur Stabilisierung und zur Wiederentdeckung und Nutzung ihrer Ressourcen sowie im Sinne der gegenseitigen Unterstützung.  Wir führen für die HelferInnen, die daran Interesse haben oder längerfristig Familien begleiten, eintägige Fortbildungen durch zu folgenden Grundlagen durch:

  • Die Vermittlung von Wissen über sexualisierte Gewalt, Trauma und Traumafolgen, auch im interkulturellen Kontext.
  • Was ist zu beachten im Umgang, damit den Kindern in der Begegnung Sicherheit und Trost gegeben werden kann statt eigene Unsicherheit und Ängste auf sie zu übertragen?
  • Was braucht es für ein erstes Gefühl von Sicherheit?
  • Wie können Krisen mit Flashbacks, Angstzuständen oder tiefster Verzweiflung bewältigt bzw. angemessen mit ihnen umgegangen werden?
  • Was können sinnstiftende Angebote sein oder solche, die Selbstwirksamkeit fördern?
  • Was brauchen traumatisierte Kinder, um wieder lernen und spielen zu können?
  • Wie können selbst traumatisierte Eltern ihre Kinder unterstützen?
  • Wie kann ich auf mich achten, um nicht auszubrennen oder mich vor
    Sekundär-traumatisierung schützen?

Das steckt dahinter
Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Deutschland und auch in Mainfranken ist weiterhin groß. Viele der Menschen nehmen gefährliche Routen in Kauf, riskieren ihr Leben für ein Leben in Frieden und Freiheit. Doch einige von ihnen, vor allem Kinder und Jugendliche, haben sexualisierte Gewalterfahrung im Herkunftsland oder auf der Flucht erlebt. Die Flüchtlinge erhalten einerseits durchaus Unterstützung durch Behörden und ehrenamtliche HelferInnen. Andererseits kann der vielfältigen seelischen Not nach wahrscheinlicher Gewalterfahrung bei vielen im Herkunftsland oder auf der Flucht kaum angemessen begegnet werden. Aufgrund fehlender Sprachkenntnisse, Angst vor Überforderung und Unsicherheit, Mangel an Fachwissen und Kapazitäten erfahren unterstützende Menschen in Deutschland wenig bis nichts über die (sexualisierten) Gewalterfahrungen der Flüchtlinge. Die ankommenden Flüchtlinge selbst benennen diese ebenfalls nicht aus Unsicherheit, Scham, kultureller Hemmnisse. Zudem wissen sie nicht, wie die Schilderung aufgenommen wird und welche Konsequenzen das Zugeständnis von erlebter Ohnmacht und Hilflosigkeit hat. Auf der Flucht mussten die Menschen von Tag zu Tag weiter funktionieren. Die Folgen der Traumatisierungen durch eigene Gewalterfahrungen, Zeugenschaft oder Verlust werden vielfach erst sichtbar, wenn sich mit der Ankunft in den Unterkünften Zeit und Leere einstellt. Es ist zu erwarten, dass die Traumafolgen sich nach und nach verstärkt zeigen werden. Je früher es eine möglichst angemessene Unterstützung dafür gibt, desto besser ist die Prognose – gerade bei Kindern und jungen Menschen.

Zahlen und Fakten
Von den 7.322 in Unterkünften in Unterfranken zum Stand 31.08.2015 untergebrachten AsylbewerberInnen in Gemeinschaftsunterkünften bzw. dezentralen Unterkünften waren 2.032 Kinder und Jugendliche. 779 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurden am Stichtag durch die unterfränkischen Jugendämter betreut (Quelle: Regierung von Unterfranken)

Organisation
Wildwasser Würzburg e.V

Weitere Informationen
www.wildwasserwuerzburg.de

Kontaktperson bei Childhood
Dr. Astrid Helling-Bakki
astrid.helling-bakki@childhood.org
+49 179 4696767